Wichtig: Erste Anlaufstelle, wenn du vermutest unter einem Burnout zu leiden oder dich erstmal nur überfordert fühlst, ist deine Hausärzt:in.
Nun zum Interview mit der Expertin Wai!
Mama-Burnout: Was ist das eigentlich?
Der Begriff "Mama-Burnout" beschreibt einen Zustand, in dem Mütter sowohl physisch als auch emotional erschöpft sind. Die Symptome sind ähnlich zum allgemeinen Burnout, beim Mama-Burnout beziehen sie sich eben speziell auf Mütter.
Das Risiko für einen Mama-Burnout werden bei dadurch eine eigene traumatische Vorgeschichte oder Komplikationen unter der Geburt, zu schnelles Verlassen des Wochenbetts und zu wenig Unterstützung während dieser Zeit erhöht.
Darüber hinaus kann der Versuch, Arbeit, Familie und persönliche Bedürfnisse in Einklang zu bringen, zu einer starken Belastung führen. Die häufige Unterbrechung des Schlafs – durch die Bedürfnisse von Babys und kleinen Kindern – verstärkt die Erschöpfung.
Ein weiterer Aspekt ist die soziale Isolation, besonders im ersten Babyjahr, wodurch Mütter das Empfinden haben, mit ihren Herausforderungen allein zu sein, was eine zusätzliche Belastung darstellen kann.
Es ist wichtig zu beachten, dass Mama-Burnout auf verschiedene Weisen auftreten kann. Daher ist es entscheidend, die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen von Müttern zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.
Was ist der Untschied von Mama-Burnout zur Wochenbettdepression oder Depression?
Eine Wochenbettdepression bzw. eine Depression und ein Mama-Burnout sind zwei verschiedene Zustände, die zwar einige gemeinsame Merkmale aufweisen, aber auch deutliche Unterschiede aufzeigen. Beide können durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, darunter genetische Veranlagung, biochemische Ungleichgewichte im Gehirn, traumatische Ereignisse, chronischer Stress oder schwierige Lebensumstände.
Die Wochenbettdepression tritt oft als Reaktion auf die veränderten Lebensumstände einer Mutter nach der Geburt auf. Die Anpassung an die neue Rolle als Mutter, der Schlafmangel, hormonelle Veränderungen und die Herausforderungen des Familienlebens können zu einer Erschöpfungsdepression führen. Hierbei spielen biologische und hormonelle Faktoren eine entscheidende Rolle.
Im Gegensatz dazu entsteht ein Mama-Burnout häufig als Folge anhaltenden Stresses, der durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden kann, einschließlich der Belastungen im Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern und dem Familienleben.
Burnout wird oft mit beruflichem Stress in Verbindung gebracht, jedoch ist es wichtig zu betonen, dass auch die Care-Arbeit, die im häuslichen Umfeld stattfindet Arbeit ist und zu einem Burnout führen kann. Leider wird ein Burnout bei Müttern bisher nicht ausreichend thematisiert.
Wie merke ich, ob ich einen Mama-Burnout habe?
Das Gefühl sich in einem ewigen Hamsterrad zu bewegen, in dem es keinen Ausweg gibt.
Häufige Anzeichen sind:
- das Nicht-Abschalten-Können, Schlaflosigkeit, innere Unruhe, Panikzustände, erhöhte Reizbarkeit.
- Aber auch Verdauungsstörungen, Schmerzen aller Art, chronische Müdigkeit.
Wie kann man einen Mama-Burnout verhindern?
Am besten spricht eine Mutter von Anfang an mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin, wie die Aufgaben verteilt werden, so dass die Mutter genügend Unterstützung im Alltag hat. Falls sie alleinerziehend ist, ist es wichtig, dass sie sich gut vernetzt, um das Kind auch mal abgeben zu können oder jemanden zu haben, der im Haushalt unterstützt.
Vorallem im Wochenbett ist es wichtig ausreichend mit Nährstoffen versorgt zu sein und nicht zu früh wieder in den Alltag zurück zu kehren.
Bei der Rückkehrer ins Berufsleben empfehle ich auch Pausen zwischen Arbeit und Kinderbetreuung einzurichten – vielleicht durch einen Babysitter oder individueller Absprache mit dem Partner oder der Partnerin. Denn Pausen helfen unserem Nervensystem, in Schwingung zu bleiben und sich auf neue Aufgaben einzustellen.
Kleiner Exkurs: Nervensystem, Vagusnerv und chronischer Stress
Wai, du hast gerade das Nervensystem angesprochen und auf deiner Webseite erzählst du von der besonderen Rolle des Vagunsnervs für die Psyche. Kannst du uns ein bisschen mehr darüber erzählen?
Der Vagusnerv (Teil des autonomen Nervensystems) reguliert lebenswichtige Funktionen wie Herzfrequenz, Atmung und Verdauung. Seine entzündungshemmende Wirkung hilft, Entzündungen im Körper zu reduzieren, die oft mit chronischem Stress zusammenhängen.
Besonders erwähnenswert ist der vordere ventrale Vagus-Ast, auch als Social Engagement System bekannt. Er fördert einen Zustand der Gesundheit, des Wachstums und seelischen Wohlbefindens sowie die Fähigkeit, eine Verbindung zu sich selbst und anderen Menschen herzustellen.
Ein Beispiel für die Bedeutung des Vagusnervs ist die Fähigkeit, auch in herausfordernden Zeiten Kinder angemessen zu begleiten, Ruhe zu bewahren und die Verbindung aufrechtzuerhalten. Sind wir zu lange hohem Stress ausgesetzt, schaltet unser autonomes Nervensystem in Fight-Flight oder Shutdown. In diesem Zustand findet unser System nicht mehr allein in die regulierende Energie zurück. |
Was mache ich, wenn ich einen Mama-Burnout habe?
Wie gehe ich damit um? In diesem Fall ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu holen, denn wenn die Erschöpfung zu groß wird, kann es dauern, bis sich der Körper wieder davon erholt hat. Wichtig ist es in jedem Fall, dich nicht dafür zu verurteilen. Es wird gute Gründe dafür geben, warum dein System erschöpft ist. Von jetzt an darf sich um dich gekümmert werden. Du darfst dir alle Unterstützung zukommen lassen, die du brauchst.
Warum leiden immer mehr Mütter und Väter unter Burnout?
Oder wurde früher einfach nur nicht darüber geredet? Wenn ich für meine Generation sprechen darf, fällt mir auf, dass vielen von uns die familiäre Unterstützung fehlt. Im Vergleich zur Generation meiner Eltern, die enger mit ihrer Familie vernetzt war, leben heute viele Familien nicht mehr in der Nähe ihrer Eltern.
Ein weiterer Aspekt ist, dass viele Eltern bewusst versuchen, sich von den Erziehungsmethoden ihrer eigenen Eltern abzugrenzen. Dies führt zwar zunächst zu positivem Anschein, aber oft zu zusätzlichem Stress, da klare Orientierung und Rückhalt fehlen.
Viele Mütter setzen sich extrem hohe Maßstäbe und streben nach Perfektion als Mutter. Eltern benötigen Unterstützung, schämen sich jedoch oft dafür, diese einzufordern.
Obwohl unsere Generation besser darin ist, eine Work-Life-Balance herzustellen, führt eine Kombination verschiedener Faktoren zu Burnout. Der emotionale Konflikt kann dabei einen wesentlichen Bestandteil darstellen.
Wie bist du zum Coaching von Mamas gekommen? Was war der Auslöser?
Die Inspiration, Mütter zu begleiten und zu unterstützen, entstand aus meiner eigenen Erfahrung nach der Geburt meines Sohnes, die für mich traumatisch verlief. Mir wurde deutlich, wie gering die Orientierung und Unterstützung für Mütter nach der Geburt und darüber hinaus ist.
Ich denke, jeder Frau steht eine Begleitung nicht nur während der Schwangerschaft und Geburt, sondern auch darüber hinaus zu. Wie diese Unterstützung aussieht, ist immer sehr individuell. Aber der Weg in die Mutterschaft ist so einmalig und bedeutsam und wird noch viel zu wenig besprochen und anerkannt.
Mit welchen Problemen kommen Mamas am häufigsten zu dir?
Das ist ganz unterschiedlich. Ich biete ja Unterstützung im Wochenbett und ambulant an. Im ersten Babyjahr geht es noch sehr darum, sich in seiner Rolle als Mutter zu finden. Die Verarbeitung der Geburt und deren eventuellen Komplikationen ist ein weiteres großes Thema.
Das Zurechtfinden im Alltag mit Baby stellt häufig eine große Herausforderung dar. Manche Frauen sind wiederum so im „Machen“, dass sie sich selbst nicht mehr gut versorgen, und dann meldet sich der Körper. Nach dem Wochenbett kann die Autonomiephase der Kinder nochmal eine Herausforderung darstellen. In den meisten Fällen arbeiten die Frauen zu dieser Zeit wieder und haben mit dieser Doppelbelastung zu kämpfen.
Wir schauen, dann gemeinsam was es an diesen Stellen braucht. Häufig hilft es den Frauen schon die Situation mit Abstand zu betrachten, um so wieder eine Verbindung zu sich herzustellen und Mitgefühl für ihre neue Situation zu entwickeln.
Liebe Wai, vielen Dank für unser herzliches Gespräch. Wir haben uns sofort wohl bei dir gefühlt und viel über Burnout bei Müttern und die Rolle des Nervensystems im Zusammenhang mit chronischem Stress von dir gelernt.
Über Wairimu Scheppelmann
Mit körperorientiertem Coaching begleitet Wai Frauen nicht nur durch das Wochenbett, sondern auch darüber hinaus auf ihrem Weg in die Mutterschaft. Dabei konzentriert sie sich besonders auf das autonome Nervensystem und dessen Einfluss auf ein Burnout. Durch ihre Arbeit möchte sie Frauen dazu verhelfen, achtsamer mit sich selbst umzugehen und ihnen Tools für den Alltag vermitteln, die Ruhe und Ausgleich schaffen.
Wai ist EMDR- und SEI (Somatische Emotionale Integration) Coachin und bereitet sich derzeit auf die Heilpraktiker-Prüfung (Psychotherapie) vor.
Hier kannst du Wai finden: mama-burnout.berlin und @mamaburnout.berlin
Für deine Unterstützung im Alltag haben wir zusätzlich noch ein paar Links für dich gesammelt:
Mütterpflegerin: muetterpflege-deutschland.de/info/krankenkasse-antrag/
Hebamme finden: ammely.de
Anlaufstelle für Alleinerziehende Mütter und Väter: vamv.de
Das EFFEKT-E-Programm (ein Projekt in Mutter-Kind-Kliniken zur Prävention von Depressionen) wird in Mutter-Kind-Einrichtungen angeboten: effekt-training.de/effekt-e und effekt-training.de/effekt_in_ihrer_naehe
Ein paar Tipps, die du ganz alleine für dich zusätzlich zur professionellen Hilfe anwenden kannst:
- Sprich offen mit deiner Familie darüber, wie sie dich entlasten können. Schwäche zeigen ist keine Schwäche.
- Mutter-Kind-Kuren gibt es in ganz Deutschland und können Ruhe in dein Leben bringen und dir Strategien aufzeigen wie du mit Stress umgehen kannst.
- Achte auf ausreichend Bewegung und Meditation, eine gesunde Ernährung und plane möglichst Entspannung in deinen Alltag ein.
Weiterlesen ....
[%%% EOP_Starterpaket_Stillende %%%]