Feli, du als zweifache Mama kannst sicherlich aus eigener Erfahrung berichten. Deshalb lass uns mit einer Frage beginnen, die wir uns früher oder später alle als Mütter stellen, aber über die niemand offen spricht:
Was muss beim ersten Toilettengang nach der Geburt beachtet werden?
Ohja, ich kann mich an beide Geburten und den ersten Toilettengang danach noch gut erinnern. Je nachdem, ob und wie stark Geburtsverletzungen vorhanden sind, kann es die ersten Male ganz schön brennen und auch etwas weh tun.
Wichtig ist, bei den ersten Toilettengängen nach der Geburt und idealerweise für immer danach, den Oberkörper lang zu halten, den Rücken gerade und so auch die Harnröhre und den Anus lang zu halten. Es ist wichtig, sich Zeit bei den Toilettengängen zu lassen, sodass es „flutschen“ kann und nicht mit Druck gearbeitet werden muss oder der Toilettengang vorzeitig beendet wird. Das kann natürlich auch schon super in der Schwangerschaft eingeübt werden.
Tipp aus der Löwenzahn Community für die Kliniktasche: Po-Dusche. |
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Was gehört alles zur Rückbildung nach der Geburt?
In den ersten Wochen nach der Geburt bedeutet es vor allem eines: Ruhe, Entlastung und Regeneration. Es kann mit sanften Atemübungen begonnen werden, dann geht es in die Kontaktaufnahme zum Beckenboden, Zwerchfell und anderen Körperstellen.
Nach ungefähr 5-6 Wochen bei einer Spontangeburt (also einer vaginalen Geburt eines Babys ohne medizinische Intervention) und 10-12 Wochen bei einem Kaiserschnitt kann dann mit sanften Übungen begonnen werden.
Dabei ist die Knochenausrichtung super wichtig, um die richtigen Muskeln ansteuern zu können. Das fällt vor allem in der Rückbildung vielen schwer, da der Schwangerschaftsbauch einen starken Zug nach vorne mit sich gebracht hat.
Die Becken-, Hüft-, Rücken- und Bauchmuskeln lernen, sich wieder miteinander zu vernetzen. So kann auch die vordere Bauchmuskulatur in die Länge kommen und sich wieder annähern. Das ist besonders wichtig, um das Thema Rektusdiastase anzugehen, das alle Frauen nach der Geburt betrifft.
Durch das Tragen des Babys, Stillen, Schieben des Kinderwagens etc. klagen viele Frauen über Schulter-, Nacken- und Kopfschmerzen. Gerade jetzt ist die Körperausrichtung super wichtig, um die Muskeln aus der Dauerspannung zu entlasten. Weil eine falsche Körperhaltung – dazu gehört auch die Haltung des Kopfes – kann sich auch auf den Beckenboden auswirken.
Zur Rückbildung nach der Geburt gehört zudem eine große Portion Geduld, Körperwahrnehmung und Vertrauen in den eigenen Körper.
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Welche Mythen gibt es rund um Rückbildung und um Beckenbodentraining?
- Rückbildungskurs absolvieren und alles ist wie vorher. Das ist ein Mythos! Für die meisten Frauen dauert die Rückbildung bis zu 2 Jahre oder länger. Geduld und kontinuierliches Ganzkörpertraining sind entscheidend. Das Körpergefühl kann sogar besser werden als vor der Schwangerschaft, aber nicht alles wird wieder genau wie zuvor sein. Durch intensives Training lernst du deinen Körper auf neue Weise kennen und baust Vertrauen zu ihm auf.
- Inkontinenz und Organsenkungen akzeptieren. Absolut nicht! Mit neuen Haltungsmustern, regelmäßigem Training und einer positiven Einstellung kannst du viel für deinen Beckenboden und dein Zwerchfell tun.
- Beckenbodentraining während der Schwangerschaft meiden. Ganz im Gegenteil! Der Beckenboden wird während der Schwangerschaft stark belastet und muss gestärkt werden. Es ist wichtig, die Hauptbeckenbodenschicht zu trainieren und nicht nur die Schwell- und Schließmuskeln. Ein gesunder Beckenboden kann aktiviert und entspannt werden – letzteres, also entspannen ist besonders wichtig für die Geburt.
Wie lange dauert die Rückbildung nach der Geburt?
Ich würde ungefähr zwei Jahre sagen. Bei manchen Frauen geht es schneller, bei manchen dauert es sogar etwas länger. Auch hier spielen die Körperhaltung und das Ansteuern der tiefen Muskulatur eine sehr wichtige Rolle. Wenn die Schultern vorgezogen sind und das Becken gekippt, dann kann eine Person auch 10 Jahre nach der Geburt noch schwanger aussehen bzw. sich noch nicht stabil und fit fühlen.
Du hast schon mehrfach die Bedeutung der Körperhaltung erwähnt.
Was ist CANTIENICA®-Training eigentlich?
Die CANTIENICA®-Methode ist eine Trainingsmethode, die darauf abzielt, die Tiefenmuskulatur, die Muskulatur nahe den Knochen, gezielt anzusprechen. Dazu zählt unter anderem die tiefe Beckenbodenmuskulatur, die im Zuge der Schwangerschaft und Geburt eine enorme Belastung und Dehnung erfährt und in der Zeit der Rückbildung wieder gestärkt und vernetzt werden muss.
Doch gehen wir im CANTIENICA ® immer vom ganzen Körper aus. So spielt zum Beispiel die Zusammenarbeit zwischen Zwerchfell und Beckenboden eine enorme Rolle, die Ausrichtung des Brustkorbes, der Schultern, Arme, Beine, Füße, Kopf – die Liste ist lang!
Hier wird schon deutlich, dass die Methode anatomisch sehr präzise arbeitet. Alle Übungen und Positionen werden sehr detailliert aufgebaut, sodass keine Körperstelle zu Lasten einer anderen angesteuert wird.
Wo ist eigentlich der Beckenboden, was muss hier genau trainiert werden?
Der Beckenboden ist ein Geflecht aus Muskeln und Bindegewebe und befindet sich im Becken zwischen Schambein, Steißbein und den Sitzbeinhöckern. Er hat drei Schichten: die oberflächliche Schicht (Schwell- und Schließmuskulatur um den Anus, Scheide und Harnröhre) ), die mittlere Schicht zwischen Schambein und Sitzbeinhöckern und die tiefste Schicht, der sogenannte Levator ani.
Im CANTIENICA ® -Training steuern wir hauptsächlich den Levator ani oder auch den sogenannten “Organheber” an. Wie der Name schon sagt, befinden sich hier die Organe: Gebärmutter bzw. Prostata, Blase und der Enddarm. Vorstellen kann man sich diesen auch als eine (flexible) Schale, die das Becken auskleidet und die Organe trägt.
Der Organheber arbeitet mit der mittleren sowie der oberflächlichen Schicht zusammen. Auch hier ist es für mich einfach nur logisch, dass hauptsächlich diese tragende Schicht trainiert werden muss, damit sie und auch die anderen Schichten ihre Funktionen übernehmen können.
Welche Aufgaben hat der Beckenboden?
Der Beckenboden erfüllt eine Vielzahl wichtiger Funktionen im Körper. Er unterstützt und hält die inneren Organe wie Blase, Gebärmutter/Prostata und Darm von unten. Bei Situationen wie Husten, Niesen und Lachen spannt er sich automatisch an, um die Kontinenz zu gewährleisten. Gleichzeitig ist es essentiell, dass der Beckenboden auch loslassen kann, zum Beispiel beim Wasserlassen, Stuhlgang, während des Geschlechtsverkehrs und insbesondere während der Geburt.
Im Alltag unterstützt der Beckenboden uns bei zahlreichen Aktivitäten wie Gehen, Heben, Tragen, Rennen, Hüpfen, Balancieren und mehr. Er trägt zur Aufrichtung der Wirbelsäule bei und spielt eine entscheidende Rolle für eine aufrechte Körperhaltung.
Der Beckenboden kann nicht isoliert betrachtet werden, sondern steht immer im Zusammenhang und in Verbindung mit dem gesamten Körper.
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Was machen traditionelle Rückbildungskurse falsch?
In traditionellen Rückbildungskursen wird oft fälschlicherweise vor allem die Schwell- und Schließmuskulatur angesprochen (z. B. durch das „Pipi anhalten"), während die tragende Beckenbodenschicht nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Das Übertrainieren der oberflächlichen Schicht kann zur Verengung der Vagina bis zu Scheidenkrämpfen, Hämorriden und Problemen beim Wasserlassen führen. Auch leiden viele Frauen dann weiterhin an Beschwerden wie Inkontinenz, Organsenkungen und Rückenschmerzen.
Ein Ganzkörpertraining mit Fokus auf dem Levator Ani ist ein nachhaltigstes Beckenbodentraining, das die Frauen wieder in ihre Kraft aus der Körpermitte bringt.
Was passiert mit dem Beckenboden und mit der Körpermitte in der Schwangerschaft?
Während der Schwangerschaft wird der Beckenboden stark belastet, da das Baby Gewicht auf ihn ausübt. Hormone machen Bänder, Sehnen und Muskeln weicher, um den Durchgang des Babys zu erleichtern. Während der Geburt wird der Beckenboden stark gedehnt, was einzigartig ist.
Die Schwangerschaft bringt viele körperliche Veränderungen mit sich, wie Gewichtszunahme und Muskelungleichgewichte, die das Körperzentrum beeinflussen. Der Beckenboden arbeitet normalerweise eng mit Hüft-, Rücken- und Bauchmuskeln zusammen, aber diese Verbindung kann während der Schwangerschaft und Geburt verloren gehen und muss wiederhergestellt werden.
Was kann man schon in der Schwangerschaft tun, um die Geburt und die Rückbildung zu erleichtern?
Teilnehmer:innen, die bereits während der Schwangerschaft den Beckenboden trainieren, setzen das Erlernte nach der Geburt besser um. Die Schwangerschaft ist der ideale Zeitpunkt, um damit zu beginnen. Ein Gefühl für den Beckenboden zu entwickeln und ihn gezielt anzusteuern, ist von unschätzbarem Wert. Die Körperwahrnehmungsschulung während der Schwangerschaft erleichtert das Abrufen des Gelernten in der Rückbildung. Der Körper erinnert sich gut daran, was erfreulich zu beobachten ist.
Letzten Endes ist es aber nie zu spät, mit Beckenbodentraining anzufangen.
Ein gesunder Beckenboden und eine gute Körperhaltung wirken sich positiv auf das gesamte Leben aus, von der eigenen Stimmung bis zur Bewältigung von Familie und Beruf.
Herzlichen Dank Feli für unser Gespräch. Es war wirklich sehr spannend und wir haben viel Neues dazu gelernt.
Über Feli
Feli, zweifache Mutter und ehemalige Leistungsschwimmerin, unterrichtet mit Leidenschaft die CANTIENICA®-Methode. Durch eigene Erfahrungen möchte sie andere ermutigen, sich Zeit für ihren Körper zu nehmen. Sie bietet spezielle Kurse für Schwangere und Rückbildung an und unterstützt Frauen langfristig im regelmäßigen Training. Zusätzlich organisiert sie Workshops zu Themen wie "Leicht Gehen, leicht Joggen" und "Rektusdiastase loswerden - Kraft und Länge in der Körpermitte".
Hier kannst du Feli finden: CANTIENICA®-TRAINING mit Feli Klinkenberg
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