Mit dem Wissen über Stillpositionen und der richtigen Begleitung kannst du das Stillen zu einem gemütlichen und entspannten Moment machen, ohne Stress und mit viel Ruhe. Es ist eine Zeit, die du in vollen Zügen genießen solltest. Wir haben uns mit der einfühlsamen Hebamme und siebenfachen Mama Kerstin Lüking ausgetauscht, um wertvolle Tipps zu erhalten, die wir nun gerne mit dir teilen möchten.
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Löwenzahn Organics: Hallo liebe Kerstin, schön, dass du dir erneut Zeit für uns genommen hast. Wir haben uns von dir bereits zahlreiche und wertvolle Tipps zur Babypflege abgeholt. Und heute wollen wir von dir mehr über das Thema Stillpositionen und Stillbeziehung lernen.
Kerstin: Vielen Dank! Ich freue mich sehr darauf, eure Fragen zu beantworten und Mamas dabei zu unterstützen, einen Überblick über das Thema Stillen zu bekommen.
Löwenzahn Organics: Wunderbar. Lass uns gleich mit der ersten Frage beginnen.
Worauf sollten Frauen beim ersten Stillversuch, also beim Aufbau einer Stillbeziehung achten?
Stillen ist ein sehr umfangreicher Bereich, der mittlerweile zahlreiche Bücher füllt. Fakt ist, dass Stillen ein sehr sensibles Thema ist. Also braucht es viel Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und so wenig Stress wie möglich.
Maßgeblich sind am Stillen zwei Hormone beteiligt: Prolaktin und Oxytocin.
Prolaktin ist ein Hormon der Hirnanhangsdrüse, was für die Milchbildung zuständig ist. Oxytocin wird vor allem während des Körperkontakts ausgeschüttet und wird daher auch als 'Liebes- oder Kuschelhormon' bezeichnet.
Wenn das Kuscheln zum Beispiel durch permanenten Besuch oder Stress gestört wird, kann sich dies auch negativ auf den Aufbau der Stillbeziehung auswirken. Es kommt nicht selten zu einem Milchstau, der nicht nur unangenehm ist, sondern vielleicht auch vermieden hätte werden können.
Deshalb rate ich dazu, folgendes zu beherzigen:
- Das Wochenbett ist wirklich als Wochenbett zu betrachten. Zeit für ausgiebiges Kuscheln nehmen, idealerweise Hautkontakt.
- Alle potenziellen Störquellen beseitigen (z.B.: Wohnungsklingel, Telefon, unangekündigter Besuch).
- Das Baby möglichst oft anlegen und auf seine Hungerzeichen achten. Auf ausreichende Erholung und eine gesunde Ernährung der Mutter achten.
- Wenn das Anlegen nicht gut funktioniert, kann eine Fachfrau wie eine Hebamme, Kinderkrankenschwester oder Laktationsberaterin helfen. Sie unterstützt mit Tipps und Korrekturen zu Stillpositionen, die möglichst entspannt sind, überprüft die Kopfanatomie des Kindes, checkt, ob das Baby vielleicht ein zu kurzes Zungenbändchen hat, und macht noch vieles mehr, um zu helfen.
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Wie kann es sich eine Frau beim Stillen bequem machen?
“Mama first” - als oberstes Gebot! Zuerst sollte sich die Mutter in eine entspannte und bequeme Position bringen. Das Stillkissen sollte ordnungsgemäß positioniert und gegebenenfalls mit zusätzlichen Kissen abgestützt werden. Eine Fußbank ist praktisch, da sie den Müttern ermöglicht, ihre Füße entspannt und etwas erhöht zu platzieren. Es ist ratsam, Wasser, Tee oder Snacks in Reichweite zu haben und alle Störquellen wie Klingel, Telefon oder Besuch vorübergehend zu ignorieren.
Welche relevanten Stillpositionen gibt es? Gibt es Positionen, die besonders nach einem Kaiserschnitt geeignet sind?
Da gibt es ein paar richtig gute Klassiker: den Wiegegriff, das Stillen im Liegen, den Rückengriff, die Hoppe-Reiter-Position und die Vierfüßler-Position.
Wiegegriff:
Der Wiegegriff ist der “Klassiker” unter den Stillpositionen und auf vielen Bildern zu sehen. Allerdings ist gerade er in der Anfangszeit oft nicht ganz so leicht, da die Babys “wegrutschen” können. Viele Mütter sind dann hauptsächlich damit beschäftigt, sich und ihr Baby wieder richtig in Position zu bringen. Besonders beim Wiegegriff finde ich es für die Mütter entspannter, wenn ein Stillkissen benutzt wird, damit auch die eigenen Arme entlastet werden.
Das Baby liegt beim Wiegegriff quer vor dem Bauch der Mutter. Ohr, Schulter und Hüfte bilden dabei eine Linie. Der Bauch des Babys ist dem Bauch der Mutter zugewandt. So, dass das Baby z.B. an der rechten Brust gestillt wird, liegt sein Kopf dabei in der rechten Armbeuge. Idealerweise wird für eine gute Höhe und Stütze ein Stillkissen benutzt.
Bei der Lagerungs-Höhe des Babys ist es immer wichtig darauf zu achten, dass die Babys nicht zu hoch oder zu tief liegen. Die Höhe wird idealerweise der Höhe der Brüste “angepasst”.
Stillen im Liegen:
Die Mutter liegt meist in Seitenlage und hat das Baby an sich gerollt. Auch hier gibt es engen Kontakt von Bauch an Bauch. Diese Position ist besonders gut in der Nacht geeignet oder auch bei schweren Dammverletzungen, die ein Stillen im Sitzen zunächst erschweren.
Bei einem Kaiserschnitt fällt Frauen diese Position oft nicht so leicht, da ein Rollen auf der Seite noch sehr schmerzhaft sein kann. In dieser Situation ist die zurückgelehnte Haltung im Sitzen meist angenehmer.
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Football-Haltung/Rückengriff:
Der Körper des Babys zeigt nach hinten, der Kopf des Kindes wird durch die Hand der Mutter gestützt. Der Oberarm hält den gesamten Körper des Babys. Der Rückengriff ist besonders gut für Frauen geeignet, die Zwillinge oder per Kaiserschnitt entbunden haben. Auch bei sehr großen Brüsten ist diese Position ideal. Besonders schön bei diesem Griff sind der besonders gute Blickkontakt und die sehr enge Körpernähe zum Kind.
Hoppe-Reiter-Position:
In dieser Position sitzt das Baby aufrecht auf dem Schoß oder einem Bein der Mutter. Das Gesicht des Babys ist dem Körper der Mutter direkt zugewandt. Diese Position kommt dann zum Einsatz, wenn Babys unter einem starken Reflux (Zurückfliessen des Mageninhalts in die Speiseröhre) leiden, bzw. bei älteren Kindern, die nicht mehr im Liegen trinken möchten.
Vierfüßler-Position:
Sie ist ein wenig der “Kolibri” unter den Stillpositionen und wird nicht wirklich regelmäßig angewendet.
Dennoch kann diese Position hilfreich sein, wenn z.B. die Mutter an einer Brustentzündung erkrankt oder unter einem Milchstau leidet und nicht an der Brust berührt werden möchte. Das Baby liegt dabei auf dem Rücken, während sich die Mutter im Vierfüßlerstand darüber kniet und die Brustwarze in den Mund des Kindes hängen lässt.
Wie findet eine Frau die passende Stillposition für sich und ihr Baby?
Egal für welche Position sich eine Frau entscheidet, sie sollte darauf achten, dass der Mund des Kindes die Brustwarze gut umschließt. Es macht immer Sinn, das Baby noch einmal neu anzulegen, wenn Schmerzen auftreten oder das Gefühl besteht, dass das Baby nicht richtig “angedockt” ist.
Vor dem Stillen würde ich einmal kurz die Brust abtasten, um Verhärtungen zu spüren. Darauf wird dann der Unterkiefer des Babys positioniert.
Es ist gut, sich Zeit für eine Stillposition und deren Anpassung zu nehmen, um auch wunde Brustwarzen zu vermeiden. Eine entspannte Still-Situation hat auch einen Einfluss auf den Milchspendereflex und unterstützt zum Beispiel beim Wiegegriff die Entlastung des Rückens und der Schultern der Mutter. Den klassischen Verspannungen im Nacken kann man also ein wenig vorbeugen.
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Welche Stillpositionen bevorzugst du persönlich und warum?
Persönlich mag ich die Position im Liegen sehr gerne, da sie für Mutter und Kind entspannt sind und sie nicht selten beide dabei einschlafen. Alternativ finde ich den Rückengriff sehr praktisch, da dabei immer eine Hand frei ist, mit der man essen oder ein Buch halten könnte. Zudem sind eher die äußeren Quadranten der Brust (Außenseiten) von Verhärtungen oder Stauungen betroffen. Da die meiste Kraft beim Saugen vom Unterkiefer des Kindes ausgeht und die Brust somit gut entleert werden kann, übe ich mit den Müttern immer die Football-bzw. Rückenhaltung.
Und welche davon ist gerade für Neugeborene besser geeignet?
Ich würde das ungerne verallgemeinern, da dieses von Kind zu Kind unterschiedlich ist. Es ist immer sehr motivierend für die Mutter, wenn sie zunächst sieht, dass das Stillen klappt.
Es ist dabei egal, in welcher Position. Wichtig ist zunächst das Erfolgserlebnis. Klappt es in einer Position besonders gut, tasten wir uns nach und nach an die anderen Positionen heran und finden heraus, warum vielleicht eine Position nicht so gut funktioniert hat. Ziel sollte sein, dass alles irgendwann reibungslos funktioniert, aber dieses bitte möglichst ohne Stress und Druck.
Gibt es eine Stillposition, durch die mehr oder weniger Milch kommt?
Ja, durch das nach vorne lehnen oder zurücklehnen kann der Milchfluss etwas beeinflusst werden.
Wenn eine Mutter zum Beispiel unter einem starken Milcheinschuss leidet, würde ich das “Stillen gegen die Schwerkraft”, also mit nach hinten gelehnten Rücken, ausprobieren. Einen starken Milchfluss erkennt man daran, dass beim Stillen der Eindruck entsteht, dass das Baby aus einem brodelnden “Springbrunnen” trinkt. Zusätzlich macht ein Babys in diesem Fall beim Trinken viele glucksende Schluckgeräusche, verschluckt sich häufig und macht vielleicht auch den ein oder anderen mächtigen Rülpser. Durch das Zurücklehnen wird der starke Milchfluss etwas gebremst und das Baby kann ruhiger trinken.
Genauso ist es natürlich auch umgekehrt. Lehnt sich die Mutter nach vorne, ist es für die Babys meistens wie im Schlaraffenland und die Milch fängt an zu tropfen.
Wie erkenne ich, ob mein Baby genug Milch bekommt?
Zunächst natürlich daran, ob es zunimmt. Das überprüft die Hebamme, bzw. der Kinderarzt. Dann natürlich auch an den Ausscheidungen des Kindes. Sind die Windeln regelmäßig nass, ist oft alles im Lot.
Aber Achtung: Regelmäßiger Stuhlgang ist nicht wirklich ausschlaggebend, da besonders in Wachstumsphasen auch mal bis zu 14 Tage kein Stuhlgang in der Windel zu sehen ist.
Und natürlich ist auch der Zufriedenheits- und Vitalfaktor eines Babys ein guter Indikator dafür, dass es ausreichend Milch bekommt.
Wie oft muss am Tag gestillt werden?
Immer nach Bedarf. Sobald das Baby Suchzeichen zeigt, darf und soll es an der Brust angelegt werden.
Und wenn ich abpumpe? Wie viel abgepumpte Milch in Fläschchen brauche ich am Tag?
Das ist natürlich abhängig vom Alter des Babys. Am ersten Lebenstag des Babys hat der kleine Magen ein Füllvermögen von 10 ml/ Mahlzeit. Bis zum sechsten Lebenstag steigert sich diese Menge um täglich weitere 10 ml. Das bedeutet, dass am 6.Tag 60ml/ Mahlzeit gefüttert werden. Die Trinkmenge steigert sich stetig. Es ist etwas individuell, aber nach ungefähr acht Wochen steigert sich die benötigte Menge auf ca. 120 ml. Ich würde mit einer Fütterfrequenz von 3-4 Stunden rechnen, so dass eine Mutter mit 6-8 Fläschchen/Tag rechnen kann.
Herzlichen Dank für den wirklichen tollen Überblick über Stillpositionen und Tipps für eine schöne Stillbeziehung. Es macht immer sehr viel Spaß mit dir zu reden und wir freuen uns schon darauf noch mehr Fragen an dich stellen zu dürfen.
Über Kerstin Lüking
Die wunderbare Kerstin ist eine freiberufliche Hebamme, Buchautorin, Journalistin, Beraterin für Babypflege-Produkte, Podcasterin und Bloggerin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren sieben Kindern in Berlin. Auf ihrem Internetauftritt findest du viele spannende Links zu Kerstin wie etwa zu ihren Büchern und auch zu ihrem Podcast „HEY Familie“: kerstinlueking.de
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Auch haben wir Kerstin bereits zum Thema Babypflege interviewt.
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