Weiter, Mütter, welche der Familie und der Hausarbeit mehr Bedeutung und Zeit einräumen als der Erwerbsarbeit, sind immer noch von Altersarmut bedroht. Care-Arbeit wird gesellschaftlich immer noch nicht genügend Wertschätzung entgegengebracht, egal ob Papas oder Mamas, die Care-Arbeit machen. Papas wollen mehrheitlich mehr für Mütter und Familie da sein. Oft stehen traditionelle Rollenbilder und Arbeitgeber:innen im Weg. Ach und wusstest du das Kita- und Kindergartenplätze Ländersache und somit nur in einzelnen Bundesländer kostenlos sind? Das waren nur ein paar Beispiele für das, was schief läuft.
Wie geht es Familien und besonders Müttern heute? Wir haben eine eigene Umfrage, die Fair-Future-Plan Studie (FFP-Studie) 2022 durchgeführt und uns auch die Familienstudie 2020 der Bundesregierung genauer angesehen. (Links am Ende des Artikels).
Stillen – Was, wenn es nicht klappt?
Klar, Stillen ist das Beste für ein Baby – aber was ist, wenn genau das nicht klappt? Frauen werden unzureichend über Stillmethoden oder -konzepte aufgeklärt. Somit ist es auch nicht überraschend, dass die Mehrheit der Frauen, die abstillen oder bereits abgestillt haben, körperliche oder mentale Gründe dafür nennen (in unserer FFP-Umfrage 73 % von 111 Frauen).
Mütter, die physisch oder psychisch nicht in der Lage sind, voll zu stillen, scheinen im Gesundheitssystem nicht zu existieren und auf dem Spielplatz werden die Fläschchen sicherheitshalber vor verurteilenden Blicken versteckt.
Faktisch ist es aber so, dass jede zweite Mutter basierend auf unserer Umfrage Kombi-Feeding für sich und ihr Baby als Lösung gefunden hat. Jede Vierte gibt monatlich mehr als 51 € für Milchnahrung aus. Somit stellt Milchnahrung einen wichtigen Kostenpunkt in den Haushaltskosten einer Familie dar.
Die Ernährung in den ersten 1000 Tagen ist essentiell für die gesunde Zukunft eines Menschenlebens. Es liegt im Interesse unserer Gesundheitspolitik, das Thema Stillen und Milchnahrung auch aus dem Blickwinkel der körperlichen und mentalen Möglichkeiten der Mutter zu betrachten. Auch ist es wichtig, den Kostenpunkt von Milchnahrung nicht zu vernachlässigen.
Erwerbs- und Care-Arbeit in Familien
Die Aufgabenteilung der Care-Arbeit, also Hausarbeit und Kinderbetreuung, ist auch heute noch größtenteils weiblich. Mit der Aufteilung sind die meisten Familien aus unserer FFP-Studie zufrieden, denn es gibt ganz offensichtliche Gründe dafür. Männer verdienen durchschnittlich mehr als Frauen (Gender Pay Gap), weshalb meist Frauen auf Teilzeit reduzieren oder ganz zu Hause bleiben. Da somit die Mutter mehr zu Hause ist, hat sie auch mehr Zeit für Kinderbetreuung und Hausarbeit.
Hinzu kommt das immer noch traditionelle Denkmuster für Rollenverteilungen in den Köpfen der Menschen stecken: seitens der Partner:innen, Arbeitgeber:innen und Gesellschaft.
Was daran nicht fair ist? Wenn Mütter ihren Erwerbsumfang über längere Zeit einschränken oder ganz aussetzen, hat das einen starken Einfluss auf berufliche Chancen und Möglichkeiten der Existenzsicherung. Ganz klar, die Gender Pay Gap ist gerade für Mütter eine potenzielle Armutsfalle.
Auch ist es für Väter nicht schön, wenn die finanzielle Absicherung alleine von einem Einkommen abhängt. Familien, in denen etwa ein Elternteil den Hauptteil zum Familieneinkommen beiträgt, geraten schneller in eine Krise und haben ein höheres Armutsrisiko, wenn die Person, die Haupt- oder Alleinverdiener ist, ausfällt.
Existenzsichernde Beschäftigungen sind für Mütter und Väter gleichermaßen wichtig.
Noch etwas: Care-Arbeit ist Arbeit und wird gesellschaftlich nicht als solche anerkannt oder wertgeschätzt. Nach unserer Umfrage stimmen 96 % dieser Aussage zu. Noch so ein Manko des aktuellen Ist-Zustandes in unserer heutigen Gesellschaft.
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Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Lass uns nun in das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf eintauchen. Der Wiedereinstieg in das Berufsleben wird Müttern heutzutage oft unnötig schwer gemacht. Immer mehr Väter wollen mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und die Mütter ihrer Kinder unterstützen. Allerdings spielen das Elterngeld, Arbeitgeber:innen und das Betreuungsangebot eine entscheidende Rolle, ob und wie Mütter und Väter Familie und Beruf vereinen können.
Ehegattensplitting
Wer hätte es gedacht: Viele Frauen empfinden es als einen zu geringen Anreiz, einer Tätigkeit nach zu gehen, wenn sie dadurch selbst bei geringen Verdienst verhältnismäßig hohe Steuern zahlen müssen. Dahinter steckt das Ehegattensplitting aus dem deutschen Steuerrecht der 50er-Jahren. Mehrfach sollte es reformiert werden und dennoch ist zu wenig passiert.
Kleine Erinnerung: Beim Ehegattensplitting werden die Einkommen beider Ehepartner zusammengenommen und dann wird diese Summe versteuert. Das kann bei unterschiedlich hohen Einkommen zu niedrigeren Steuern der besser verdienenden Person und einem höheren Steuersatz für den oder die Partnerin, die weniger verdient, führen.
In seiner aktuellen Form und vor dem Hintergrund der vorhandenen Gender Pay Gap in Deutschland zwingt die Ehegattensplitting-Regelung Mütter in vielen Fällen dazu, dem Arbeitsmarkt fern zu bleiben oder ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Was gibt es hierzu noch zu sagen? Ach, in unserer Umfrage habe 74 % der Mütter das Ehegattensplitting als veraltetes Modell bezeichnet.
Wiedereinstieg in den Beruf
Für eine Mehrheit der in Deutschland lebenden Mütter ist es heutzutage selbstverständlich, auch mit kleinen Kindern berufstätig zu sein. 61 % der Mütter sind in Teilzeit wieder zurück im Beruf, wenn das jüngste Kind zwei Jahre alt ist (Familienreport 2020). Das ist eine positive Zahl, aber ganz ehrlich, es wird nicht deutlich wie schwer es die 61 % hatten und was ist mit den andern 39 %?
In unserer FFP-Studie waren 30 % der Mütter zurzeit der Befragung erwerbstätig. Davon hatten 45 % Schwierigkeiten bei der Rückkehr in die Berufswelt.
Oft ist im Alltag zu beobachten, dass Arbeitgeber:innen die Produktivität von Müttern im Vergleich zu kinderlosen Frauen als niedriger einschätzen. Frisch gebackene Mütter erzählen davon wie sie auf das Abstellgleis gestellt wurden oder aus ihrem alten Job rausgeboxt wurden oder ihnen sogar gekündigt wurde. Eindeutig handelt es sich hier um Diskriminierung. Dazu kommt die fehlende Akzeptanz. Es mangelt an Möglichkeiten für das Stillen am Arbeitsplatz oder flexiblen Arbeitszeiten, die Müttern den Wiedereinstieg und das Weiterverfolgen ihrer Karriere erschweren.
Väter und Familie
Im Familienreport 2020 des deutschen Bundesministeriums für Familie wird es deutlich: jeder zweite Vater will gerne die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen, aber nur jeder sechste tut das auch. Was hindert ihn daran sein Vorhaben umzusetzen? Arbeitgeber:innen, Finanzen und Rollenerwartungen sind klassische Antworten auf diese Frage.
Allgemein gesprochen ist der Wille in heterosexuellen Paarbeziehungen deutlich: Frauen und Männer wollen Erwerbs-, Familien- und Hausarbeit partnerschaftlich aufteilen.
Dennoch ist das beliebteste aktuelle Modell immer noch ungleich: Der Mann arbeitet in Vollzeit, die Frau in Teilzeit. Um Kinder und Haushalt kümmert sich überwiegend die Frau.
Warum das nicht fair ist, haben wir schon besprochen. Stichwörter: unbezahlte Care-Arbeit, geringere Chancen für berufliche Weiterentwicklung und erhöhtes Risiko für Altersarmut der Frau, aber auch erhöhtes Risiko der ganzen Familie in eine finanzielle Krise zu geraten.
Elterngeld, ElterngeldPlus, Paarelterngeld
Bezüglich des Elterngelds hat sich bereits viel getan. Seit 2012 gibt es die sogenannten Partnermonate, die Familien bekommen, in denen beide Partner Elterngeld in Anspruch nehmen. Diese Lohnersatzleistung macht es eben auch für Väter attraktiv in Elternzeit zu gehen. Auch wurde 2015 das ElterngeldPlus eingeführt, um Eltern zu unterstützen.
Ganz kurz: Das ist nicht genug. Eltern möchten länger und mehr Basiselterngeld. Auch müssen Hürden abgebaut werden, die es zum Beispiel Vätern erschwert, Elternzeit zu beantragen. (Denn Achtung Papas, wenn ihr zum Beispiel eure Elternzeit zu früh, früher als 8 Wochen vorher beantragt, habt ihr keinen Kündigungsschutz.)
Und eine Frage, warum liegt der Maximalbetrag für das Basiselterngeld nur bei 1.800 €? Was wenn die Mutter diejenige war, die als Hauptverdienerin den Lebensunterhalt für den oder die Partner:in mit getragen hat? Wie soll die junge Familie ihren aktuellen Lebensstandard nun mit Kind halten? Das macht es nicht gerade attraktiv für gut verdienende Frauen eine Familie zu gründen.
Unterstützung von Arbeitgeber:innen
Nichts Neues, dennoch wurde es zuletzt durch die Corona-Krise nochmal deutlich: Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist wichtig für eine funktionierende Wirtschaft.
Ganze 76 % der 30- bis 39-Jährigen würden ihren Job wechseln, wenn das neue Unternehmen eine glaubwürdige familienorientierte Unternehmenskultur pflegt (Familienreport 2020).
Nach unserer FFP-Umfrage können Arbeitgeber:innen zum Beispiel Folgendes tun, um Müttern und Väter faire Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen und an die Firma zu binden: flexibel Arbeitszeiten, Home-Office, Umstellung der alten Position auf Teilzeit (und die Möglichkeit der Rückkehr zu Vollzeit) wie auch Kinderbetreuung am Arbeitsplatz.
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Was kann die Politik tun
Liebes Familienministerium und liebe Bundesregierung, in unserer FFP-Studie haben wir offen gefragt: Wie kann die Politik eine faire Zukunft von Eltern und Familien fördern? Die Antworten haben wir in den folgenden Kategorien sortiert: finanzielle Unterstützung, Betreuungsangebote, kostenlose Kita-Plätze, Anerkennung der Care-Arbeit, Väter und Elternzeit.
Mit einer Mehrheit ist klar ersichtlich, dass Eltern mit der aktuellen Situation des Elterngeldes und der Elternzeit nicht zufrieden sind. Auch mangelt es an der Anzahl und Qualität an Kitas und Kindergärten. Und warum sind Betreuungsangebote für Kinder nicht in allen Bundesländern kostenlos?
Hier ein Auszug aus der FFP-Studie:
38 % Finanzielle Unterstützung: “Mehr Geld für die Elternzeit und mehr Zeit für die Elternzeit ohne finanzielle Einbuße. Es kann nicht sein, dass alle wollen, dass Frauen Kinder bekommen, aber dann wird die finanzielle Situation nicht richtig gesichert.”- anonym
31 % Betreuungsangebote: “Ausbau von Betreuungsplätzen, Aufwertung des Berufs der ErzieherInnen, kostengünstige bzw. kostenfreie Betreuung” – anonym
6 % Kostenlose Kita-Plätze: “Umfangreiche kostenlose Kinderbetreuung.” / “Volle Übernahme der KITA Beiträge.” – anonym
20 % Anerkennung der Care-Arbeit: “Die Politik sollte sehen, was der Elternteil zuhause an Care- und Hausarbeit leistet. Gegen die Altersarmut bei Frauen sollte die Politik beschließen, dass zumindest die Einzahlungen für die Rente gesichert werden!” – anonym
11 % Väter und Elternzeit: “Volle Anerkennung und Unterstützung, wenn der Vater zu Hause bleiben möchte” / “Väter sollten in der Zeit des Mutterschutzes nach der Geburt vollbezahlt von der Arbeit freigestellt werden, um die Frau unterstützen zu können, die noch körperlich und psychisch von Geburt erschöpft ist.” – anonym
Wir finden, dass unsere Gesellschaft, Politik und Arbeitgeber:innen noch einiges zu tun haben. Was bedeutet Familie heute und was muss sich ändern?
Bevor du unsere Seite wieder verlässt haben wir noch einen spannenden Artikel zum Thema wie aus Eltern wieder Paare werden.
Quellen:
FFP-Studie 2022: https://www.dropbox.com/s/4bd9rkj0rdiyp8l/FFP_Studie.pdf?dl=0
Familienstudie 2020 der Bundesregierung: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/familie-heute-daten-fakten-trends–163110
Criado-Perez, C. (2020).Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert. btb.
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