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Hinweis 1: Wir sprechen hier nur über die körperlichen Verletzungen, die bei einer vaginalen Geburt auftreten können – ein Kaiserschnitt ist selbstverständlich ein ganz eigenes Thema mitsamt einer eigenen Verletzung, von der ein Körper erst einmal heilen muss. Eine Sectio ist schließlich ein massiver operativer Eingriff, und doch wird meist erwartet, dass Mütter danach innerhalb von Rekordzeit wieder topfit sind – warum das problematisch ist, liegt auf der Hand. |
Hinweis 2: Im Interview kam das Thema zwar nicht auf, wir möchten aber gerne ergänzen, dass es Expert:innen für Beckenboden-Physiotherphie gibt. Ab dem ersten Trimester bis nach der Geburt deines Kindes können dich diese Expert:innen begleiten. Es ist nämlich niemals zu früh oder zu spät mit Übungen für den Beckenboden zu starten. |
Eine Geburtsverletzung ist eine ziemlich intime Sache. So wie ja auch die Geburt eine ziemlich intime Sache ist, gar keine Frage! Und weil jede Geburt nun mal anders ist, haben wir uns gedacht, fragen wir doch einmal eine Frau, die sich einfach auskennt – und wirklich schon fast alles gesehen hat.
Im Gespräch mit Hebamme Christiane Hammerl aus Berlin.
Warum Geburtsverletzungen teilweise unvermeidbar sind – über Heilung und Vorbeugung
Wie schön, dass du heute Zeit für uns hast, liebe Christiane! Du arbeitest als freiberufliche Hebamme in Berlin und bist zudem Beleghebamme. Also begleitest du seit Jahren Frauen bei einer 1:1 Betreuung bei der Geburt, in der Vorsorge und im Wochenbett. Danke, dass wir uns heute über das Thema Geburtsverletzungen unterhalten können!
Welche Arten der Geburtsverletzungen gibt es eigentlich und wieso treten diese auf?
Durch die immense Kraft, die besonders während der Presswehen auf den Körper wirkt, kann es immer passieren, dass kleine und auch größere Verletzungen im Intimbereich auftreten. Dammrisse, also Verletzungen zwischen Vagina und After können passieren, wenn das Köpfchen doch etwas größer ist als die Scheide sich dehnt. Seltener können auch Scheidenrisse auftreten, leichte Schürfverletzungen an den Vulvalippen oder ganz selten auch mal Schürfungen der Klitoris.
Generell sind das aber alles äußerliche Verletzungen, die (besonders bei Schleimhäuten) recht schnell heilen. Also direkt vorab: keine Panik vor einer eventuellen Geburtsverletzung!
Ein Dammriss ist ja sicherlich die häufigste Geburtsverletzung, die es gibt. Was passiert da genau?
Es gibt unterschiedliche Rissverletzungen, man spricht von ersten, zweiten, dritten oder teilweise sogar vierten Graden der Risse.
Bei einem Dammriss ersten Grades ist nur etwas Haut gerissen, bei einem Dammriss zweiten Grades die oberflächliche Muskulatur. Etwas intensiver wird es bei einem Dammriss dritten Grades, da ist dann auch der Schließmuskel gerissen – entweder nur etwas eingerissen oder vollständig. Das passiert insgesamt schon recht selten, ein Riss vierten Grades dann erst recht – hier wäre dann auch noch die Darmschleimhaut mitgerissen.
Am häufigsten sind allerdings wirklich die recht leichten Verletzungen – erster und zweiter Grad, die keine allzu große Beeinträchtigung darstellen.
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Wie lange dauert es, bis ein Dammriss verheilt ist?
Das ist natürlich abhängig vom Verletzungsgrad – eine lediglich leichte Schürfung heilt schneller, ein Dammriss heilt in der Regel zwischen einigen Tagen bis höchstens ein paar Wochen. Ein Dammschnitt zum Beispiel, bei dem der Dammbereich richtig eingeschnitten wurde, heilt etwas langsamer.
Ganz egal aber, ob man eine kleinere oder eine größere Verletzung hat – oder auch gar keine: Was total wichtig ist, ist das Ausruhen im Wochenbett.
Natürlich kann man mit zunehmender Zeit auch etwas mehr im Haus herumgehen und später auch spazieren gehen, aber ich lege allen meinen Frauen nah, dass sie sich die ersten 10-14 Tage im Bett liegen zu bleiben und sich wirklich zu erholen – und nicht gleich an Tag drei schon alleine den Wocheneinkauf machen wollen.
Ganz wichtig ist deshalb: Unterstützung suchen, und vor allem auch zulassen! Sei das von Freunden und Familie, oder einfach Lieferservices und Co. Denn natürlich ist es schwierig, das komplett zu verallgemeinern – bei manchen Familien kann der Vater eben im Wochenbett nicht 100% frei nehmen oder die Familie ist einfach zu weit weg, um wirklich zu unterstützen. Für genau diese Familien sind Lieferservices einfach eine riesige Hilfe.
Was bei der Heilung von Geburtsverletzungen aber auch generell natürlich unheimlich wichtig ist: Gut pflegen!!
Wir wird die Dammnaht am besten gepflegt?
Einlagen sollten regelmäßig gewechselt werden und nach dem Toilettengang Vulvalippen mit kühlem oder lauwarmen Wasser abspülen – beispielsweise mit einem Spritzer Calendula Essenz, um die Heilwirkung zu unterstützen.
Da eignet sich beispielsweise das Happy Po ganz gut, oder man nimmt einfach was ein ausrangiertes Kännchen, Glas oder auch eine Trinkflasche, die man vielleicht sonst sowieso nicht mehr benutzt hätte. Ich bin da auch ein großer Fan vom Pragmatisch sein – klar kann man sich für 20 € extra eine Peri Bottle kaufen und natürlich ist da die Form auch optimiert, aber letztlich gilt auch: Warum nicht einfach denken und etwas nutzen, was man bereits eh hat?
Was ist bei der Heilung von einem Dammriss am wichtigsten, welche Mittel wirken wirklich?
Ich empfehle immer Calendula Essenz zum Spülen oder auch, um es direkt verdünnt auf die Einlagen zu geben. Auch das Sitzbad von Ingeborg Stadelmann – unheimlich angenehm und auch das unterstützt die Heilwirkung.
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Den ganzen Tag in den Plastik-Einweg-Höschen zu sein ist einfach nicht optimal für die Wundheilung. Deshalb empfehle ich immer gerne, sich zwei, drei Mal am Tag wirklich Nackedei aufs Bett zu legen –mit Handtuch oder Wickelunterlage drunter und einfach mal ein bisschen frische Luft dran lassen. Fühlt sich vielleicht kurz komisch an, heilt aber einfach besser.
Was, wenn es auch Monate später noch nicht richtig abgeheilt ist?
Das kann tatsächlich passieren – denn manche Frauen haben einfach sehr empfindliche Haut oder reagieren auch schlecht auf das Nahtmaterial. Wenn man sich also auch noch Tage oder gar Wochen später nicht ganz wohl damit fühlt: es ist okay, das anzusprechen! Im besten Fall kann natürlich die Hebamme im Wochenbett draufschauen.
Auch die betreuenden Gynäkolog:innen oder die Klinik, in der man geboren hat, kann man mit diesen Sorgen immer kontaktieren. Im wirklich allerschlimmsten Fall, kann man sogar eine Nahtrevision machen – aber das passiert wirklich sehr selten.
Sehr, sehr selten aber natürlich trotzdem möglich: Allergische Reaktionen auf das Nahtmaterial. In dem Fall kann man nicht direkt wieder zunähen, weil der Wochenfluss ja noch fließt, da ist dann wirklich Bettruhe angesagt!
Wichtig: Nur weil eine Geburtsverletzung nicht gut verheilt oder man womöglich auf die Naht reagiert, heißt es noch lange nicht dass es für immer so bleiben muss. Man kann vieles auch im Nachhinein noch verändern – wenn du dich also nach der Geburt zunehmend nicht wohl mit deiner Verletzung fühlst, musst du das nicht einfach hinnehmen.
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Dammschnitt – Warum gibt es diesen Eingriff in die Geburt überhaupt und was sind die Vor- und Nachteile?
Früher waren Dammschnitte tatsächlich standardmäßig – ob nun, weil man es einfach nicht besser wusste oder weil man wirklich dachte, dass es notwendig sei und man den Frauen damit die Geburt erleichtert, kann ich dir nicht sagen. Vielleicht auch, weil es früher natürlich bedeutend mehr Männer in Kreißsälen gab!
Zwischenzeitlich ist man davon etwas abgekommen – klar kommen Dammschnitte noch vor, auch ich muss gelegentlich einen machen, aber da muss wirklich einen medizinischen Grund geben. Beispielsweise, dass wirklich voraussehbar ist, dass ohne Eingriff ein wirklich großer Riss passieren wird oder wenn Herztöne vom Kind unheimlich schlecht sind und das Baby in 1-2 Wehen kommen muss.
Wie können Geburtsverletzungen vermieden werden?
Ganz wichtig und somit ja auch vorbeugend ist es, eine Vertrauensperson an deiner Seite zu haben. Eine Beleghebamme wäre das, ich weiß zum Beispiel dass ich eine recht geringe Geburtsverletzungenrate bei meinen Frauen habe. Denn wenn dieses Vertrauen da ist, kann man einfach ganz toll zusammenarbeiten. Aber auch für den Fall, dass man keine Beleghebamme findet ist eine vertraute Person im Kreißsaal einfach super – das gibt Ruhe und diese Person kann deine Wünsche und Vorstellungen klar kommunizieren. Und zwar auch, wenn du dazu nicht mehr in der Lage bist.
Vorbeugend schon in der Schwangerschaft finde ich es auch immer toll, wenn Frauen schon ein Gefühl für ihre Körper entwickeln können – sei das Pilates, Yoga, oder auch einfach nur bewusste Atmung. Das schafft einfach Selbstvertrauen in den eigenen Körper, und das ist auf psychischer Ebene natürlich auch ein wichtiger Punkt.
Genau so: Sich vor der Geburt schon einmal mit dem Thema Geburtsverletzungen auseinandersetzen, denn das kann unheimlich helfen, um Angst davor zu vermeiden. Diese bringt schließlich gar nichts.
Eine geburtsvorbereitende Dammmassage ab circa der 34. SSW ist auch immer eine tolle Option, um Geburtsverletzungen vorzubeugen. Ich mag dafür sehr gerne das Dammmassageöl von Weleda, aber auch Dampfbäder vorab oder warme Kompressen auf dem Dammbereich können diesen schonen.
Hast du noch ein paar letzte Tipps? Kennst du spannende Lektüre, Blogs oder Instagram Accounts, die sich mit dem Thema auseinander setzen?
Ich empfehle immer gerne “Guter Hoffnung” von Kareen Dannhauer, das ist wirklich ein Standardwerk. Auch den Podcast “Die Friedliche Geburt” finde ich total toll.
Zwar kein Literaturtipp, aber nichtsdestotrotz unheimlich wichtig: Positive Gespräche über Geburten. Niemand sollte mit Angst in die Geburt gehen, deshalb habe ich auch meinen eigenen Podcast gegründet, Hebamme Berlin, in dem ich mich mit Frauen über ihre Geburtserlebnisse unterhalte.
Ich als Hebamme sage meinen Frauen immer, dass ich als Expertin für Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett doch für das Gesunde zuständig bin. Deshalb sage ich immer gerne: Herzlichen Glückwunsch, du bist schwanger, du bist gesund – und darum kümmere ich mich jetzt!
Vielen Dank für das wundervolle Gespräch, liebe Christiane!
Über Christiane
Christiane Hammerl ist freiberufliche Beleghebamme in Berlin. Beleggeburten begleitet sie im Klinikum Vivantes Friedrichshain. Als Hebamme betreuet sie auch junge Familien während der Schwangerschaft und im Wochenbett. Ihr Fokus liegt auf der 1:1 Geburtsbertreuung. Du findest Christiane auf Instagram: @Hebamme_Christiane und @Hebammenzimmer.berlin.
Unser Tipp: Wochenbettsuppe
Für alle frisch gebackenen Mütter, die sich nach der Geburt ihres kleinen Wunders besonders geschwächt fühlen, ist die Wochenbettsuppe eine wunderbare Möglichkeit, um Energiereserven wieder aufzufüllen. Mit ausgewählten Zutaten unterstützt die Suppe dich dabei, dich wieder gestärkt zu fühlen. Erfahre mehr über die Wochenbettsuppe.
Hilfreiche Links:
Hebammenzimmer – Praxis von Christiane: https://hebammenzimmer.de/
Instagram Christiane https://www.instagram.com/hebamme_christiane/
Weleda Öl: https://www.weleda.de/produkt/d/damm-massageoel
Calendula Essenz: https://www.weleda.de/produkt/w/weleda-calendula-essenz
Stadelmann Sitzbad: https://www.milchwiese.de/ingeborg-stadelmann-sitzbad-100ml (alles auch in der Apotheke)
Happy Po: https://happypo.de/
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